SFMK – oder „Die Mann-vs.-Kind-Challenge“

Heute wirds mal richtig persönlich. Hardcore persönlich.

Okay, ich gebe zu, ich teile das jetzt hier mit der anonymen Masse des Internets, da ich tatsächlich mit fast niemandem darüber sprechen kann. Es gibt Dinge im Leben, für den einen mehr, für den anderen weniger, die KANN oder MUSS man einzig und allein mit sich ausmachen. Weil es kein Referenz Role Model gibt. Weil man das nicht in der Schule oder beim Studium lernt. Weil – und das behaupte ich jetzt mal sehr provokativ – die meisten, die nicht selbst in der Situation sind, insgeheim total froh darüber sind, wenn sie sich denn überhaupt damit beschäftigen. Weil das Thema in der Öffentlichkeit so gut wie gar nicht existiert, und, wenn überhaupt, nur unter Frauen in schalldichter Umgebung flüsternd besprochen wird. Und weil die allerallerwenigsten am Ende überhaupt einen Rat geben können.

Ich bin 40, Single und ungeplant bzw. ungewollt kinderlos. Schwierig es so klar zu sagen, da ich immer der Ansicht war, ein Kind plant man nicht – es ist eher ein Geschenk. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich irgendwann Kinder haben würde, in den 20ern war es „irgendwann in ferner Zukunft“, in den 30ern „irgendwann mit diesem Mann, wenn wir beide beruflich und finanziell sicher aufgestellt sind.“

Jetzt bin ich 40 und das irgendwann ist zu „warum nicht schon längst“ geworden.

Ich kenne Menschen, die Kinder wirklich geplant und gezielt bekommen haben und solche, denen es einfach passiert ist. Ich habe lange gehadert mit der Frage, warum es mir nicht einfach passiert ist. Tatsächlich bin ich davon ausgegangen, dass es mir „passieren“ würde. Wenn ich eine Sache schon immer in voller Klarheit wusste, dann die, dass ich das Kind bekommen würde, egal von wem, egal unter welchen Umständen. Ich war mir in dieser Sache absolut sicher, dass ich keine Sekunde über eine Abtreibung nachdenken würde. Eine vergessene Pille, ein geplatztes Kondom – Gelegenheiten gab es genug. Und doch ist es nie passiert. Ich bereue es nicht, so laisser-faire-Style an die Sache herangegangen zu sein, denn alles andere hätte mir und meinen Überzeugungen nicht entsprochen. Und doch gibt es einen kleinen gehässigen Gnom in mir, der mir hin und wieder „siehste, das hast du nun davon“ ins Ohr flüstert. Allegorisch gesprochen. Ich höre keine Stimmen, falls jemand sich jetzt um mich sorgt.

Ich tue mir selbst nicht leid und ich stehe hinter jeder Entscheidung, die ich getroffen habe. Ich habe den bisher einzigen Mann verlassen, der Kinder mit mir wollte, weil ich mir nicht vorstellen konnte, ein Kind großzuziehen in einer Beziehung, in der ich nur noch unglücklich war und wo es keine Liebe mehr gab. Zumindest ist es ein Indiz dafür, dass mir die Qualität der Beziehung wichtiger ist als mein Kinderwunsch. Was einem ja von so manchem frustrierten und/oder anderweitig eigenartigen Mann gern abgesprochen wird. Ich habe so ziemlich alles gehört und gelesen, was die öffentliche Meinung zu diesem Dilemma so hergibt. Und „erst egoistisch handeln, nur an sich denken und dann rumheulen, dass man keine Kinder hat“ ist nur die Spitze des Eisberges empathieloser herablassender Aussagen. Auch dass man Frauen Ende 30, Anfang 40 mit tickender biologischr Uhr möglichst weiträumig umfahren und meiden sollte, wird gern von Männern kundgetan. Als wäre mein einziger innigster Wunsch, von einem x-beliebigen unattraktiven, langweiligen und noch dazu derart unreflektierten Mann ein Kind zu bekommen. Danke, ich verzichte 😉

Ich habe aus Rücksicht auf die „Gefühle“ eines Mannes – nennen wir es besser „Panikattacke“ – nach einem wirklich heiklen Unfall genau zur richtigen Zeit die Pille danach genommen. DAS ist tatsächlich das einzige, das ich bereue. Ich hatte auch keine Dankbarkeit erwartet. Bekommen habe ich noch nicht mal Respekt für diese Entscheidung. Augenhöhe ist anders.

In jedem Fall ist das Thema eine ganz schöne Bitch.

Ich habe versucht, sie zu ignorieren oder zum Schweigen zu bringen.

Ich habe auf jede erdenkliche Art versucht, die für MICH richtige Einstellung zu finden, die mir inneren Frieden und Entspannung schenkt. Aber let’s face it: ich bin eine Frau, biologisch dazu gemacht, ein Kind zu gebären, gesellschaftlich darauf getrimmt, dass es ein Produkt der Liebe sein soll, mit einem Mann, der mich liebt und das auch will. Romantisch, aber offenbar unpraktikabel.

Ich gebe zu, Gedanken wie durchlöcherte Kondome und ähnliche Scherze kommen in meiner recht weitläufigen Fantasiewelt durchaus vor. Aber ich habe auch Skrupel und ein Gewissen bekommen. Ich will, dass ein Kind gewollt ist, nicht erschlichen.

Das deutsche Unterhaltsrecht trägt mit Sicherheit dazu bei, dass Männer Angst davor haben, ungewollt zum Vater und damit unterhaltspflichtig zu werden. Hätte ich auch keinen Bock drauf, wenn ich ein Mann wäre, ganz ehrlich.

Ich wollte diesen Beitrag eigentlich nicht endlos werden lassen, was mir hiermit ganz offiziell nicht gelungen ist. Was den Titel betrifft: SFMK steht für Single-Frau mit Kind. Eine wachsende Gemeinschaft von Frauen, die sich entscheiden, mangels Partner ihren Kinderwunsch selbst zu erfüllen. Hierzu Informationen zu finden, habe ich persönlich als sehr schwierig empfunden. Es ist wie etwas, das unter der Hand gedealt wird. Ich war bei zwei Frauenärzten, die darüber NICHT mit mir sprechen. Die halten sich an die Vorgaben und machen mir Mut, dass es mit dem Mann noch klappen könnte. Sobald ich sage, dass ich darüber nachdenke, mir selbst den Kinderwunsch zu erfüllen, zahlen beispielsweise Krankenkassen KEINE Hormonanalysen mehr, solange ein – wenn auch „fiktiver“ – Partner existiert, übernimmt die Krankenkasse diese Kosten jedoch in meinem Alter. Wenn DAS keine Diskriminierung ist, was ist es dann?

Als alleinstehende Frau bekommt man in Deutschland auch keine Samenspende, entsprechend der Richtlinien der Bundesärztekammer. Kein Arzt, der an seiner Zulassung hängt, wird einen somit auf diesem Weg unterstützen. Wenn DAS keine Diskriminierung ist, was ist es dann? Natürlich gibt es auch hier – unter der Hand gedealte – Ausnahmen. Wenn ich da mehr darüber weiß, berichte ich vielleicht 😉

Und zuguterletzt hat man natürlich auch keine Unterhaltsansprüche, bzw. das Kind hat keine. Was ich auch als Diskriminierung empfinde. Der Kindesunterhalt ist ja für das Kind gedacht. Ein Kind kann ja nichts dafür, dass es von einer Frau per Samenspende ins Leben gerufen wird. Oder habe ich einen Denkfehler? Wenn DAS keine Diskriminierung ist, was ist es dann? Die Gemeinschaft, sprich das Jugendamt, springt jederzeit in die Presche, wenn ein Vater den Kindesunterhalt nicht zahlen kann oder will. Um es überspitzt zu sagen, zahlt man lieber in den Fällen, in denen der Kindsvater sich nachträglich als ungeeignet herausstellt, nicht aber dann, wenn sich im Vorfeld schon kein geeigneter Mann finden lässt, und man „gezwungenermaßen“ allein aktiv wird. (Gerade habe ich die Idee, ob man nicht eine Art Steuer einführen kann für jeden zeugungsfähigen alleinstehenden Mann, aus der dann der Kindesunterhalt für die mangels Partner aus Samenspenden gezeugten Kinder alleinstehender Frauen finanziert wird. Eine Art Umverteilung zwischen denen, die da direkt und indirekt beteiligt sind …. crazy, ich weiß 😉 wäre interessant zu wissen welche Gründe die Männer dafür haben, keine Kinder zu wollen, sicherlich gibt es da auch viele berechtigte Dinge)

In jedem Fall ist dieser Weg ein Luxusvergnügen. Für Frauen, die sich Vorbereitungen und Befruchtungsbehandlungen im Wert eines halben Kleinwagens leisten können. Frauen, die es sich leisten können, auch mit Teilzeitbeschäftigung, was das einzig realistische Szenario ist, ein Kind allein zu finanzieren ohne jegliche Unterhaltsvorschüsse des Jugendamtes, die jede Mutter erhält, die für ihr Kind einen Vater angibt (und das sogar dann, wenn sie schon längst einen neuen Partner und 2 Einkommen im Haushalt hat!). Frauen, die es sich leisten können, während der Elternzeit mit 65 % ihres Nettogehaltes plus ein bisschen Kindergeld sich und ein Kind zu finanzieren. Wenn das keine Diskriminierung ist, was dann?

In mir beginnt sich tatsächlich eine Entscheidung abzuzeichnen. Ich bin recht lösungsorientiert, weshalb es mir schwerfällt, allzu lange mit einem offenen Problem bzw. einer offenen Frage „schwanger“ zu gehen. No pun intended 😉

Mir ist klar, dass nur ich allein entscheiden kann, was für mich das richtige ist. Mangels Partner, der sich Kinder wünscht, besteht die Option auf Happy Family im Moment realistisch einfach nicht. Damit läuft es letztlich darauf hinaus, wenn ich schon nicht beides haben kann, zumindest für mich zu entscheiden, was mir wichtiger ist: Mann oder Kind.

Meine Uhr wird noch eine Weile ticken, und um die Panik aller unwilligen Männer noch etwas zu befeuern, das kann sich echt hinziehen bis 50 oder noch darüber hinaus. Einerseits gibt es mir noch gefühlt unendlich viel Zeit, um meine Entscheidung zu treffen. Aber ich bin zumindest schon soweit, dass ich sage, ab 45 ist Schluss.

Alles weitere arbeitet noch bei mir, aber ich habe zumindest eine Tendenz für mich ausgemacht. Mir kam nämlich der Gedanke: einen Mann kann ich aussuchen, ein Kind nicht.

Und ich kann mir diesen Luxus, wie es aussieht, auch tatsächlich nicht leisten. Oder will es nicht. Und irgendwo ganz tief in mir drin glaube ich auch an das Leben als solches, und dass alles seinen Sinn hat und mir möglicherweise etwas anderes bestimmt ist.

Hope you enjoyed this piece of soul.


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