Etwas aufgeben, ohne das man glaubte nicht leben zu können.
Ich habe beschlossen mit dem Tanzen aufzuhören.
Hätte mir das jemand vor einem Jahr gesagt, wäre ich noch skeptisch gewesen, ob ich diesen Schritt jemals schaffe zu gehen.
Tanzen ist so ziemlich das Einzige in meinem Leben (gewesen), bei dem ich trotz Frust und Schmerzen dran geblieben bin.
Ich tanze seit ich 7 bin, was somit 34 Jahre meines Lebens sind. Mit Unterbrechungen, einmal von 15-21 und dann von 28-33, also netto 23 Jahre, was immer noch mehr als die Hälfte meines Lebens ist.
Tanzen hat mein Körpergefühl und mein Selbstbild so geprägt wie fast nichts anderes.
Sich wie eine grazile Ballerina zu fühlen, gibt (gab) mir immer Gelegenheit mich der Masse nicht zugehörig fühlen zu müssen. Ich habe immer gedacht, wenn ich etwas kann, dann ist es tanzen. Es war immer eine Quelle von Stolz auf sich selbst und Freude am tanzen an sich.
Trotzdem bin ich jetzt bereit Abschied zu nehmen. Es macht mir schon länger keine Freude mehr. Und ich habe die Theorie, dass die Input-Output-Ratio sich verändert hat. D.h. die Zeit und Mühe die ich reinstecke, kommt hinten nicht mehr in Form von befriedigenden Ergebnissen heraus.
Zum einen liegt das an mir. Seit einer etwas schwereren Verletzung vor drei Jahren und einer Zwangspause von ca. 3 Monaten bin ich nicht mehr auf mein altes Lebel gekommen.
Die Gruppe hat sich verändert und mittlerweile bin ich die älteste bei uns. Das Training hat sich verändert und ich habe das Gefühl immer schlechter zu werden statt besser.
Vor unserem letzten Auftritt hat mein Körper immer mehr protestiert und seine Ablehnung gegenüber dieser Form von Spaß gezeigt. Mal war es die kaputte Wade, mal der Rücken, mal das Knie.
Im Vergleich zu anderen Aktivitäten habe ich immer mehr den Kontrast gespürt zwischen Dingen, die mir wirklich Freude bereiten und dem empfundenen Zwang des Tanztrainings. Immer unmotivierter schleppte ich mich hin bis mir klar war, das reicht jetzt.
Ich wollte nie jemand sein, der aufgibt und so fühlt es sich auch nicht an. Ich lasse es los und pausiere mal.
Wenn ich zusammenfassen sollte, was das Tanzen Gutes in mein Leben gebracht hat, wäre es das Folgende:
Disziplin und das Bewusstsein, dass man sich manchmal quälen muss bevor es gut wird
Körperbewusstsein – mein Physiothapeut hat nicht von ungefähr Herzchen in den Augen bei Tänzern – die kennen einfach jeden Muskel ihres Körpers. Was im Übrigen auch bei Entspannung und Meditation hilft. Ich muss nicht drei Mal überlegen, wo die Anspannung sitzt, ich spüre es sofort.
Sinnlichkeit – seinen Körper zu kennen bietet ungeahnte Vorteile, wenn es darum geht, ihn sinnlich oder erotisch wahrzunehmen.
Emotionaler Ausdruck – was mir fehlen wird, keine Frage, ist diese Variante, emotionale Spannung abzubauen durch Bewegung.
Haltung und Würde – in emotional angespannten Situationen habe ich mir angewöhnt, die „Haltung“ anzunehmen, also Kopf hoch, Brust raus, Bauch rein – man wächst um 3 cm und fühlt sich würdevoller. Hilft auf jeden Fall, wenn man gerade die totale Bruchlandung mit einem Mann hinlegt, seine Würde zu wahren. Was würde eine Tänzerin sagen? Genau, meine Spitzenschuhe tun mehr weh als du es je könntest, also troll dich, Verächter der Kunst!
Tänzerin zu sein gibt einem immer ein Gefühl von „ich bin hart im Nehmen“. Probiers ruhig aus, Mike Tyson ist nix dagegen. Deshalb sprechen mich Boxerstories auch so an vermutlich, weil es im Grunde das gleiche Credo ist „schinde dich und du wirst siegen“
Vielleicht sollte ich mit Boxtraining anfangen ?
Love, Kat
