Hier kommt die Fortsetzung mit Praxisbezug zu meiner Einleitung vor wenigen Tagen. Und ich möchte gleich ankündigen, dass es noch eine weitere Fortsetzung geben wird (yippiiiee), da auch dieser Artikel sonst einfach viel zu lang werden würde. Meine erste Artikel-Serie sozusagen 🙂
Zunächst einmal vorweg: ich kann und will nicht auf die vielen hilfreichen Ratschläge bezüglich Trennung und ihrer Verarbeitung allgemein eingehen. Sie gelten natürlich auch weiterhin. Es gibt tonnenweise Literatur und Inhalte im Web, die leicht zu finden sind. Wenn man da also das Gefühl hat, ich brauche hier einen umfassenden Deep Dive, wird man in jedem Fall fündig.
Ich selbst habe mir damals einen „SOS Liebeskummer Guide“ bei Kristin Agnes heruntergeladen, den ich ganz gut fand – vor allem die wirklich seeeehr lange Liste an Dingen, die man sich Gutes tun kann. Kann ich also empfehlen. Das Coaching-Angebot von ihr habe ich aber nicht genutzt und kann da wenig darüber sagen. Den Freebie-Guide kann ich aber wirklich empfehlen. Da war auch für mich Neues drin.
Meine Liste umfasst ergänzende Möglichkeiten, die entweder corona-spezifisch sind oder die ich schlichtweg nirgendwo anders so gelesen habe.
Wer also nach etwas hilfreichem jenseits der allgemein bekannten Tools sucht, kann vielleicht – hoffentlich (!) – noch etwas mitnehmen.
Was also kann ich nun anderen Betroffenen sagen:
1. Fühle, was es zu fühlen gibt, aber bade nicht darin
Gefühle kommen und gehen. Sie wegzudrücken oder zu unterdrücken trägt langfristig nicht zur Heilung bei. Es ist also wichtig, auch und gerade die unangenehmen Gefühle zuzulassen. Nicht immer und überall, natürlich. Gerade, wenn man wie ich vollzeit berufstätig ist, ist es keine Option, jederzeit und überall alle Gefühle rauszulassen. Mir hat geholfen, mir bewusst Zeitfenster zu geben, wo ich mir erlauben kann, alles rauszulassen und wenn es sein muss, endlos zu weinen. Wenn ich tagsüber merke, eine Welle droht mich zu überrollen, sage ich mir „Stop! Ich erlaube Dir heute abend, 19:00 Uhr, wiederzukommen. Aber jetzt will ich an meinem Projekt arbeiten“ Es kann auch sinnvoll sein, wenn man die Möglichkeit hat, sich über den Tag verteilt, diese kleinen Zeitinseln zu schaffen, in denen man unangenehme Gefühle rauslässt. Wichtig ist, immer wieder auch bewusst wieder auszusteigen. Denn Gefühle gehen wieder, wenn wir sie sein lassen. Wenn sie nicht gehen, dann identifzieren wir uns mit dem Gefühl. Und genau das soll nicht passieren. Also immer wieder selbst erinnern: Ich fühle das gerade, aber das BIN ich nicht.
2. EMDR für die Verarbeitung
Ich habe schon hin und wieder von EMDR gehört, aber bin nie auf die Idee gekommen, es selbst zu probieren. Ich hatte es bei mir unter „Traumatherapie“ abgespeichert. Aber Trennung und verlassen werden, sind ja ein emotionales Trauma, sozusagen. Die Abkürzung steht für „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ und meint eine Therapieform, die in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts von Dr. Francine Shapiro (USA) entwickelt wurde. Wer gern mehr darüber wissen will, kann Google bemühen. Ich habe darüber hinaus „Die neue Medizin der Emotionen“ von David Servan-Schreiber gelesen, wo es auch gut beschrieben ist.
Auf deutsch ausgedrückt bedeutet es, dass durch geführte Augenbewegungen (links/rechts) eine sogenannte bilaterale Hemisphärenstimulation herbeigeführt wird, also beide Gehirnhälften aktiviert werden, was dabei unterstützen soll, das traumatische Erleben zu verarbreiten, und Zugriff auf eigene Ressourcen zu bekommen, die verschüttet sind, wenn man sich komplett in seinem Kummer vertieft. Es hat bei mir im schlimmsten Fall einen beruhigenden Effekt, weshalb ich keine zu großen Risiken sehe, es zu probieren. Im besten Fall, verwandelt sich das aktuelle Empfinden in ein positives Gefühl oder es kommt ein positiver, stärkender Glaubenssatz zum Vorschein.
Ich hatte es in dem Coaching, das ich gebucht hatte, in Form von Audio-Dateien, die man mit Kopfhörern hören muss. EMDR funktioniert sowohl auditiv (über Musik & Töne), visuell (über die geführten Augenbewegungen) als auch taktil (durch Tappen links/rechts abwechselnd). Man kann die Wirkung verstärken, wenn man beispielsweise auditive und taktile Anwendung kombiniert. Die visuelle Variante fand ich am wirkungsvollsten, hatte das aber nur in dem Coaching, weshalb ich hier nichts verlinken kann dazu.
Es gibt auch hier auf Youtube einige Videos mit entsprechendem Audio, das man über Kopfhörer hören sollte, damit die links-rechts-Stimulation funktioniert.
Ich sehe wenige Risiken, muss aber an dieser Stelle meinen Disclaimer setzen: wer sich absolut nicht stabil fühlt und nicht in der Lage ist, sich aufzufangen, wenn unangenehme Gefühle hochkommen, sollte das Risiko für sich abwägen und es ggf. nur mit professioneller Anleitung machen.
Es kommt auf jeden Fall zunächst vieles hoch, man muss es aushalten können. Aber es stellt sich auch die Entspannnung ein, je nach Intensität kann das länger oder kürzer dauern. Bei mir hat es auch nicht immer auf Anhieb gut funktioniert. Manchmal habe ich 1 Stunde lang einfach nur die Musik gehört, und war zumindest entspannt.
Für einen ersten Eindruck habe ich mal zwei Youtube-Videos verlinkt, die ich auch genutzt habe:
Vielleicht mache ich dazu noch einen eigenen Artikel, weil es für mich ein spannendes Thema ist, und ich aufgrund meines Psychologie-Studiums von Natur aus interessiert daran bin, wie unser Gehirn funktioniert und welche Möglichkeiten wir haben, unsere Ressourcen aufzudecken und zu etwas Gutem zu verwandeln.
3. Hypnose oder geführte Meditationen
Ich habe eine ziemlich teure Sitzung bei einer Heilpraktikerin wahrgenommen. Sie hat ausgetestet was mir am meisten helfen würde und heraus kam, tadaa, Hypnose. Ich muss sagen, so ganz wohl gefühlt habe ich mich nicht damit und hatte Schwierigkeiten mich wirklich fallen zu lassen in Anwesenheit einer Fremden. Es gibt aber sehr gute kostenlose Alternativen bei Youtube. Und der Vorteil ist auch, niemand Fremdes beobachtet einen dabei.
Ich verlinke mal ein Video, das ich gern dafür nutze:
Bevor jemand fragt: ja, das ist eine geführte Meditation und keine Hypnose im engeren Sinn. Ich sehe aber persönlich kaum Unterschiede. Eine Hypnose führt einen durch Anleitung in einen sehr tiefen Entspannungszustand, eine Trance, in der man das Unterbewusstsein ansprechen will. Eine geführte Meditation ist für mich etwas vergleichbares, auch wenn es keine Stufen herunterzusteigen gilt, niemand von zehn bis eins herunterzählt oder mit einem Fingerschnipsen die Hypnose aktiviert. Es ist genauso eine tiefe Entspannung, und ich glaube, auf die Technik kommt es letztendlich nicht an, Hauptsache, man entspannt sich und öffnet sich für die heilsamen Botschaften. Ich glaube, sie entfalten ihre Wirkung auch so, Technik hin oder her. Es gibt auch exolizite Hypnosen bei Youtube, von denen ich allerdings keine probiert habe, da ich sie in meinem Coachingpaket drin und somit keinen weiteren Bedarf hatte.
Aber bei Youtube findet man wirklich sehr viel dazu und kann sich das heraussuchen, was den persönlichen Präferenzen am meisten entspricht. Ich höre die Hypnosen oder Meditationen hauptsächlich beim Schlafen gehen. Meistens schlafe ich irgendwann ein, aber ich vertraue darauf, dass mein Unterbewusstsein weiter zuhört 😉
4. Frust muss raus
Es kann helfen, sich all seine Wut und Gefühle von der Seele zu schreiben. Hauptsache, und das ist das allerwichtigste dabei, es sollte niemals das Licht der Öffentlichkeit erblicken, erst recht nicht das Postfach des/der Ex erreichen. Niemals!
Mir hat es geholfen, seitenweise Worddokumente zu füllen oder mir selbst per Whatsapp Nachrichten zu schreiben. Ich habe die schlimmsten Dinge geschrieben, mich bemitleidet, ihn gehasst, das ganze Spektrum. Manchmal ist es im Nachhinein fast peinlich es zu lesen. Aber genau deshalb sollten diese Dinge auch niemals, NIEMALS, jemand anderem unter die Augen kommen. Ich kann es nicht oft genug betonen!
5. Gib Dir selbst einen Arschtritt
Das gilt nicht für die ersten zwei bis maximal vier Wochen. Hier ist Schonfrist angesagt: Wunden lecken, jammern, sich als Opfer sehen, alles noch erlaubt. Ich glaube das braucht es auch. Zu viel Ablenkung und Verdrängen vergräbt die Wunde nur unter einer vermeintlich intakten Schutzschicht. Die hält aber nicht ewig und irgendwann eitert das Ganze und spätestens dann muss man sich dem stellen.
If youre going through hell, keep going.
Nach dieser Phase ist es aber umso wichtiger, sich langsam aufzuraffen.
Und das Credo ist, selbst wenn es sich nicht gut anfühlt, zwinge dich zu mindestens einer Sache am Tag, die dir gut tut, auch wenn es sich in dem Moment nicht so anfühlt. Weil sich alles schlecht anfühlt, ich weiß. Tu es trotzdem!
Meist ist man ja in der Negativ-Gedanken- und Gefühls-Spirale verfangen, hier ist also nicht viel auszurichten an Veränderung. Das einzige ist Verhalten. Es ist das was man TUN kann. Und mittelfristig wird das auch den Rest des Systems mitnehmen. Die Regel lautet also, etwas zu tun, das nicht zum Gefühl und den Gedanken passt.
Man fühlt sich hässlich: Dress up!
Man fühlt sich ungeliebt: Mach dir ein Geschenk oder eine Freude!
Man möchte nur noch weinen: schau dir lustige Tiervideos an (das hilft bei mir nahezu immer!)
Auch mir gelingt es nicht immer, genau im richtigen Moment genau das richtige aus dem Hut zu zaubern. Es reicht, wenn man sich zu EINER Sache am Tag zwingt. Etwas, worauf man keine Lust hat. Viele kleine Taten wirken nicht sofort Wunder, aber werden über die Zeit das Fundament für einen stärkeres Selbstwertgefühl bauen. Trust the process!
Das war Teil 1 meiner Tipps und Tools. Es wird noch einen weiteren Teil geben, an dem ich noch arbeite.
Ich freue mich natürlich über Feedback und interessiere mich auch für die Erfahrung von anderen. Lasst mich wissen, ob etwas für Euch dabei ist oder was Ihr denkt.
Love, Kat
